CTC-Legal und Gesellschafterstreit (Corporate Disputes)
Im Wirtschaftsalltag sind Gesellschafterstreitigkeiten leider keine Seltenheit. Solche Konflikte können aus verschiedenen Gründen entstehen, sei es wegen Meinungsverschiedenheiten über die strategische Ausrichtung, Unstimmigkeiten bei Gesellschafterbeschlüssen oder Differenzen hinsichtlich der Gewinnverteilung. Gesellschaftern oder Geschäftsführern droht bei eskalierenden Streitigkeiten die Abberufung oder Einziehung der Gesellschaftsanteile mit allen existenziellen Folgen einer solchen Entwicklung für die Gesellschaft, für die Gesellschafter und die Geschäftsführung.
Auseinandersetzungen lassen sich dabei bspw. in unterschiedlichen Szenarien finden:
- Passive Stakeholder begehren gegen operativ tätige Gesellschafter und/oder Geschäftsführer auf;
- Krisensituation der Gesellschaft (Risiko für geschäftsführende Gesellschafter);
- (VC-)Investoren verfolgen eigene oder andere strategische Ausrichtungen als die Gesellschaftsgründer (Start-Up);
- Divergierende Interessen einzelner Gesellschafterstämme (bspw. in Familienunternehmen)
CTC.LEGAL ist Fachkanzlei für Gesellschaftsrecht und betreut mit Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht, Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht in ihren Niederlassungen in Aachen, Köln & Lüttich betroffene Gesellschafter, Geschäftsführer und Investoren in allen inhaltlichen und strategischen Fragen und Phasen eines Gesellschafterstreits, insbesondere zu
- Gestaltung und Planung von Gesellschafterauseinandersetzungen und Trennungsvereinbarungen aus rechtlicher und steuerrechtlicher Sicht;
- Durchsetzung von Gesellschafter- und Managementrechten im gerichtlichen Verfahren (Corporate Litigation) und vor nationalen und internationalen Schiedsgerichten (Arbitration);
- Vorläufiger Rechtsschutz/einstweilige Verfügung zur vorläufigen Sicherung von Rechten;
1. Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung
Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten treten alltäglich und überall auf. Sie sind für das menschliche und unternehmerische Fortkommen unerlässlich und damit per se nichts Negatives. Die Art und Weise sowie die Inhalte nicht rechtzeitig befriedeter Streitigkeiten können jedoch im Einzelfall auch zerstörerische Kräfte entfalten.
In der frühen Phase einer Auseinandersetzung zwischen Gesellschafter einer GmbH kommunizieren diese außerhalb des Gesellschaftsrechts. Es handelt sich um den Austausch von Standpunkten und bestenfalls um die Bestimmung der jeweiligen individuellen Position. Bereits in dieser Phase können wir aufgrund unserer Erfahrung beratend in den Gesprächen zur Seite stehen, um die Möglichkeiten der Einigung oder des Interessenschutzes fachlich vorzubereiten und zu vermitteln.
Förmlicher wird die Angelegenheit, wenn sie in die Gesellschafterversammlung hineingetragen wird. Die Gesellschafterversammlung ist das formell willensbildende Organ der GmbH, in welchem sich der entscheidende Wille der Gesellschafter formell äußert. Das Mittel dieser Entscheidung ist der Gesellschafterbeschluss. Die Geschäftsführung muss dem Gesellschafterbeschluss beachten und umsetzen.
In dieser Phase ist es für den jeweiligen Gesellschafter wichtig zu wissen, welchen Einfluss er auf welche Art und Weise ausüben kann. Bedeutend ist die Möglichkeit, Informationsrechte gegenüber der Gesellschaft geltend machen zu können, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen zu dürfen, Tagesordnungspunkte definieren und auf die Tagesordnung zur Abstimmung bringen zu können und bestenfalls auch den Ablauf einer Gesellschafterversammlung zu beherrschen. Das Recht der Stimmverbote ist zu kennen, um (beherrschende) Gesellschafter von der Stimmabgabe ausschließen und auf diese Art dem eigene Beschlussvorschlag Geltung zu verschaffen.
Zwar setzt sich in der Regel der Mehrheitsgesellschafter durch, doch trifft dies nicht auf jede Fallgestaltung zu. Als Minderheitsgesellschafter ist man nicht machtlos. Da das GmbH-Gesetz nur rudimentär zu dieser Phase Ordnung- oder Konfliktlösungsvorschriften enthält, kommt der Satzung der Gesellschaft erhebliche Bedeutung zu. In dieser können die Gesellschafter ihre individuellen und auf die Gesellschaft bezogene Konfliktlösungsvorschriften abweichend vom überwiegend dispositiven Recht der GmbH aufnehmen. Je nach Phase der Gesellschaft sollten die Regelungen anders formuliert sein. Ein Start-Up benötigt im Zweifel der Gründungssituation geschuldete Regelungen, die für ein seit vielen Jahren am Markt erfolgreich tätiges Familienunternehmen in der dritten Generation mit mehreren Gesellschafterstämmen ohne Investor unangepasst wirken. Als erfahrene Berater in außergerichtlichen und gerichtlichen Streitfällen empfehlen wir ab Gründung alle 4-5 Jahre die Satzungsinhalte fachlich noch einmal prüfen zu lassen.
Ohne Kenntnis und Bewertung der eigenen Rechte und Ansprüche lässt sich in dieser Phase die Durchsetzung der eigenen Interessen nur schwer sicherstellen. Gegebenenfalls ist aber das kämpferische Durchfechten des Konfliktes Voraussetzung zur Durchbrechung einer lethargischen Entscheidungslage.
Die Geschäftsführung bzw. der Geschäftsführer steht nicht selten im Mittelpunkt des Streitfalles. Er ist den Gesellschaftern gegenüber zur Neutralität und allein dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Die Regelungen der Satzung und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung muss er befolgen. Soweit zur Theorie.
Der streitende Gesellschafter unterstellt ihm in der Regel eine Verletzung der Neutralitätspflicht, so dass der Geschäftsführer, gleich ob als Gesellschafter-Geschäftsführer oder als Fremdgeschäftsführer, in den Konflikt hineingezogen wird. Ihm drohen je nach Lage des Konfliktes die Abberufung und Kündigung sowie, seltener, die Inanspruchnahme nach den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung.
2. Abberufung als Geschäftsführer
Die Abberufung eines Geschäftsführers ist grundsätzlich jederzeit möglich, § 38 Abs.1 GmbHG. Es benötigt lediglich einen mehrheitsfähigen Gesellschafterbeschlusses. Soll ein Gesellschafter-Geschäftsführer abberufen werden, dann ist dieser bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt. Die Kündigung des Dienstvertrages des Geschäftsführers ist davon zu trennen, da Bestellung als Geschäftsführer (Organfunktion) von der Anstellung des Geschäftsführers (entgeltlicher Dienstvertrag) zu trennen sind.
Die Abberufung als Geschäftsführer kann in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten aus strategischen Gründen erfolgen. In der strategischen Vorbereitung einer Abberufung ist aber auch die Frage zu beantworten, ob die Abberufung auch der Gesellschaft hilft und wer die Gesellschaft alternativ führen soll. Ein Minderheitsgesellschafter wird sich kaum gegen den Mehrheitsgesellschafter als Geschäftsführer behaupten können.
Manchmal kann es auch Sinn machen, dass im Gesellschafterstreit ein Gesellschafter-Geschäftsführer selbst sein Amt niederlegt, um aus der Schusslinie und einem potenziellen Haftungsszenario als Geschäftsführer zu entkommen. Aus der Position des „nur“ Gesellschafters lässt sich die Gesellschaft auch ohne Angriffsfläche treiben.
3. Schadenersatzansprüche gegen Geschäftsführer / Geschäftsführerhaftung
Der oder die Geschäftsführer der Gesellschaft sind in den streitigen Auseinandersetzungen der Gesellschafter zur Neutralität verpflichtet. Die Aufmerksamkeit und die Verantwortung der Geschäftsführung gelten dabei ausschließlich der Gesellschaft. Da die Geschäftsführung aufgrund vielfältiger Normen haftbar gemacht werden kann (vgl. Grundsätze der Geschäftsführungshaftung) werden die Geschäftsführer nicht selten in die streitigen Auseinandersetzungen der Gesellschafter hineingezogen. Die Geschäftsführer sollten sich daher in den streitigen Fällen auf Ebene der Gesellschafter gesondert anwaltlich beraten lassen, um in diesem Minenfeld nicht selbst Schaden zu erleiden. Auf anwaltlicher Seite sind dabei die berufsrechtlichen Grundsätze des Verbotes der Vertretung widerstreitender Interessen (§§ 43a BRAO, § 3 BORA) sowie des Parteiverrats (§ 356 StGB) zu beachten. Nach diesen Normen muss der Rechtsanwalt nur prüfen, ob er gleichzeitig sowohl einen Gesellschafter als auch den Geschäftsführer für die Gesellschaft vertreten darf.
4. Einziehung / Ausschluss / Ausschlussklage
Während die Kündigung der Gesellschaft zur Auflösung und Untergang des gesamten Verbandes führt, erkennt die Rechtsordnung aus praktischen Bedürfnissen und zum Schutz der Gesellschaft die Möglichkeit an, auch einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft zu entfernen beziehungsweise diese hinauszudrängen.
Ausschließung durch Klage
Auch wenn die Satzung einer Gesellschaft oder das GmbH-Gesetz keine Trennungsmöglichkeit bereitstellt, erkennt die Rechtsordnung das Bestehen eines außerordentlichen Rechts zum Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund aus der GmbH an. Diese Möglichkeit ist für eine Gesellschaft in der Regel der letzte Pfeil im Köcher, da die Gerichte den Ausschluss nur unter Abwägung aller Interessen als letztes Mittel erlauben. Voraussetzung dieses Zwangsausschlusses ist, dass in der Person oder in dem Verhalten des betroffenen Gesellschafters derart gravierende Umstände vorliegen, dass es den übrigen Gesellschaftern nicht zuzumuten ist, mit dem betroffenen Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben. Hierzu hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt. Wenn die Satzung den Ausschluss nicht durch Gesellschafterbeschluss ermöglicht, ist der Ausschluss im Wege der Ausschließungsklage gerichtlich durchzufechten. Ohne fachkundige anwaltliche Hilfe ist dies für die Betroffenen unmöglich zu erreichen. Die Verfahren können sich darüber hinaus sehr lange hinziehen und haben den Nachteil, dass erst mit der gerichtlichen Entscheidung der Ausschluss rechtssicher erreicht ist.
Ausschließung durch Gesellschafterbeschluss – Einziehung des GmbH- Geschäftsanteils
Schnellere Ergebnisse lassen sich dadurch herbeiführen, dass die Entscheidung über die Trennung von einem Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden kann.
Dazu muss die Satzung der Gesellschaft entsprechende Einziehungs- oder Zwangsabtretungsregelungen enthalten, da das GmbH-Gesetz solche Regelung nicht bereitstellt (§ 34 GmbHG). Sind die Voraussetzungen der Satzung erfüllt, wirkt der Einziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschluss unmittelbar. Aufgrund der Komplexität der Herbeiführung eines solchen Gesellschafterbeschlusses in der Praxis sowie den Anforderungen an die Rechtswirksamkeit eines solchen Beschlusses, kann dieser im Nachgang durch Beschlussmängelklage gerichtlich überprüft werden.
Die Einziehung führt zum Untergang (Amortisation) des Gesellschaftsanteils. Sie bedarf eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, zu dem der betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt ist (Stimmverbote in der Gesellschafterversammlung). Der Gesellschafterbeschluss darf nur gefasst werden, wenn die Satzung die Gründe, die die Einziehung erlauben, benennt. Diese Gründe können sowohl konkret gefasst sein (beispielsweise Verlust einer erforderlichen beruflichen Qualifikation eines Gesellschafters; Tod eines Gesellschafters; dauerhafte Erkrankung eines Gesellschafters; usw.) als auch allgemeiner beschrieben werden, solange es einen anerkannten sachlichen Grund darstellt. Häufig findet sich dazu in den Satzungen als Auffangtatbestand der Einziehung aus besonders wichtigem Grund, dessen Merkmale anhand der hierzu ergangenen Rechtsprechung abgeleitet werden muss. Beispiele eines solchen wichtigen Grundes können sein die Veruntreuung von Gesellschaftsvermögens, Konkurrenztätigkeit zur Gesellschaft oder auch die Verunglimpfung des Rufes der Gesellschaft nach außen.
Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einziehung ist, dass das anteilige Stammkapital auf den Geschäftsanteil vollständig erbracht ist und die Gesellschaft eine Abfindungsleistung für den untergegangenen Geschäftsanteil aus freiem Vermögen leisten kann. Dieser Umstand führt häufig genug zu rechtlichen Auseinandersetzungen im Nachgang und zur gerichtlich festgestellten Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses. Dieser Umstand ist daher sorgfältig in der Vorbereitung zu prüfen.
Besser und effizienter ist es daher, wenn die Satzung in Ergänzung zu den Einziehungsregelung auch Regelungen vorsieht, die Zwangsabtretung des Gesellschaftsanteils zu ermöglichen. Die Zwangsabtretung, die im Wesentlichen die gleichen Voraussetzungen wie die Einziehung hat, führt nicht zum Untergang des Geschäftsanteils, sondern zur zwangsweisen Übertragung auf einen Dritten. Dieser Dritter schuldet die an den weichenden Gesellschafter, sodass es nicht darauf ankommt, ob die Gesellschaft ausreichend freies eigenes Vermögen hat.
5. Abfindung
Nicht selten wird das Ende eines Gesellschafterstreits gekrönt durch einen Streit um eine Abfindungszahlung, wenn einer der Gesellschafter weichen muss.
Ausschluss des Anspruchs?
Dabei ist ein Anspruch auf Abfindung im GmbHG nicht geregelt, sondern er leitet sich als allgemeiner Rechtsgrundsatz aus dem Personengesellschaftsrecht (§ 728 Absatz 1 Satz 1 BGB) ab. Ein solcher Anspruch gehört nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Lehre zu den sogenannten Grundmitgliedsrechten eines GmbH Gesellschafters, der nur in sehr engen Grenzen (bspw. Todesfall oder Mitarbeiter-/Managerbeteiligungen) entziehbar sein kann.
Wonach bemisst sich die Abfindung?
Da das GmbHG zu Art, Bemessung und Zahlungsweise einer Abfindung schweigt, enthalten die allermeisten GmbH-Satzungen konkrete Regelungen hierzu, um das gesetzliche Schweigen auszufüllen.
Streit- und risikobehaftet sind dabei die Satzungsbestimmungen zur Bemessung und damit zur Höhe der Abfindung sowie zur Auszahlungsweise.
Ohne weitere Bestimmungen in der Satzung schuldet die Gesellschaft immer eine „angemessene“ Abfindung, § 728 Abs. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung bedeutet dies eine Abfindung zum Verkehrswert. Dies ist gedanklich der Wert, der bei einer Veräußerung des Anteils an einen gesellschaftsfremden Dritten auf dem freien Markt zu erzielen wäre. Über die Methodik der Abfindungsbemessung und die einzelnen Bewertungsfaktoren lässt sich naturgegeben heftig streiten. Beweisbelastet ist der weichende Gesellschafter. Fehlen ihm Informationen, so kann er diese Wege eines Auskunftsanspruches von der Gesellschaft beschaffen. Einigen sich die Parteien nicht über die Höhe der Abfindung, dann muss ein (schieds-) Gericht entscheiden. Dieses wird im Zweifel zur Bemessung einer angemessenen Abfindung einen Wert Gutachter beauftragen. Der Gutachter bedient sich in der Regel eines gängigen Ertragswertverfahrens zur Wertbestimmung. Es ist daher zu empfehlen, sich rechtzeitig fachkundige Hilfe von Gesellschaftsrecht kundigen Rechtsanwälten hinzuzuziehen, um bereits in der Satzung geeignete und einfache Regelung zur Bestimmung der Abfindung festzulegen. Dies kann jedem Streit vorbeugen.
Wer schuldet die Abfindung?
Im Falle der Einziehung ist die Gesellschaft selbst Schuldnerin der Abfindung. Ist der Abfindungsanspruch aufgrund einer Einziehung von Geschäftsanteilen entstanden haften nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Gesellschafter der GmbH, die für die Einziehung in der Gesellschafterversammlung gestimmt haben, anteilig dem weichenden Gesellschafter in Höhe der Abfindungsschuld. Dieser Haftungsanspruch hilft beispielsweise für den Fall, dass die Gesellschafter den Betrieb der Gesellschaft rechtsmissbräuchlich heruntergefahren haben oder die Gesellschaft insolvent geworden ist.
Nur für den Fall, in dem die Satzung eine Regelung vorsieht, nach der der einzuziehende Anteil an eine andere Person abzutreten ist (Zwangsabtretung), schuldet die empfangene Person die Abfindung.
Fälligkeit der Abfindung?
Die Abfindung, die im gesetzlichen Regelmodell in voller Höhe mit Wirksamkeit des Ausscheidens aus der Gesellschaft zur Zahlung fällig ist, wird nach den Satzungsbestimmungen der allermeisten Gesellschaften über mehrere Jahre in Raten fällig gestellt, um die Liquidität der Gesellschaft zu schonen. Der weichende Gesellschafter hat hier im Regelfall das Nachsehen.
Besteuerung der Abfindungszahlung?
Unabhängig davon, ob der weichende Gesellschafter aufgrund einer Kündigung, aufgrund einer Einziehung, einer Zwangsabtretung oder eines Ausschlusses seiner Geschäftsanteile verliert und dafür eine Abfindungszahlung erhält, behandelt ihn das Einkommensteuerrecht so, als hätte er seine Geschäftsanteile veräußert. Steuerrechtlich handelt es sich daher um ein Anwendungsfall des § 17 EStG (Veräußerung von Geschäftsanteilen). Gemäß den Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 lit. c EStG) bleiben im Ergebnis 40 % des Veräußerungsgewinnes (Abfindungsentgelt abzgl. Anschaffungskosten der Anteile) steuerfrei. Der Restgewinn wird mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. Ausnahmsweise kommt der Abgeltungssteuertarif zur Anwendung, wenn die Beteiligung des weichenden Gesellschafters nicht die Wesentlichkeitsschwelle von 1%-Beteiligung am Stammkapital erreicht.
Bei der Abfindungsbewertung ist der weichende Gesellschafter auf erfahrene Rechtsanwälte und Steuerberater angewiesen, die ihn bei der Bewertung des Unternehmens und bei den prozessualen Herausforderungen unterstützen.
6. Sonderfall zweigliedrige Gesellschaft: 50:50-Patt
Bei der zweigliedrigen Gesellschaft besteht die Besonderheit mangelnder effektiver Mehrheiten. Im Zweifel neutralisieren sich die Gesellschafter gegenseitig. Dies führt im eskalierenden Streitsituationen dazu, dass sich die Gesellschafter wechselseitig versuchen aus der Geschäftsführung zu drängen und als Gesellschafter auszuschließen (wechselseitiges Hinauskündigen). Grundsätzlich gelten auch hier die Grundsätze zu den Stimmverboten in der Gesellschafterversammlung. Aufgrund der Stimmverteilung wird keiner der Gesellschafter in der Versammlung ein Versammlungsleiter stellen können, so dass die jeweiligen Beschlüsse nicht rechtsverbindlich festgestellt werden können. Die Gesellschafter müssen daher ein Gericht mit der Klärung hierzu beauftragen. Diese Verfahren dauern im Zweifel lange. Diese zeitliche Hängepartie kann auch einen gesellschaftsbezogenen Schaden verursachen. Es ist daher zu empfehlen, die Lösung einer solchen Situation bereits bei der Gestaltung der Satzung vorzudenken. Hierzu können Regelungen über verbindliche Ankaufsangebote vorgesehen werden, die bei Ablehnung im Zweifel den Anbietenden verpflichten, zum angebotenen Ankaufspreis an den anderen Gesellschafter verkaufen zu müssen. Dies erfordert nur etwas Kreativität in der Gestaltung der Satzung.
7. Einstweiliger Rechtsschutz und Klage
Beschlussanfechtungsklage
Sofern die Satzung der Gesellschaft gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen nicht der Entscheidungsgewalt eines Schiedsgerichtes zuweist, müssen die staatlichen Gerichte angerufen werden. Dabei handelt sich in der Regel um Klageverfahren über die Anfechtung oder Nichtigkeitsfeststellung von Gesellschafterbeschlüssen. Diese sogenannten Beschlussmängelklagen sind im GmbH-Recht nicht ausdrücklich geregelt. Gleichwohl sind sie schon seit langem anerkannt. Inhaltlich greift die Klageart dabei sowohl auf die allgemeinen prozessualen Regelungen der ZPO als auch den besonders im Aktienrecht normierten Regelungen zur Beschlussmängelklage (§§ 246ff AktG) zurück. Ab dem 01.01.2024 werden auch die erstmals durch das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften (MoPeG) in den §§ 108ff HGB eingeführten Regelungen zur Beschlussanfechtung im Personengesellschaftsrecht Einfluss auf die Beschlussanfechtung im Kapitelgesellschaftsrecht nehmen.
Kampf um die Gesellschafterliste – Einstweiliger Rechtsschutz
Die Klageverfahren geben materielle Rechtssicherheit erst mit einem Urteil. Bis dieses durch de Instanzen errungen ist, können Jahre vergehen. Der einstweilige Rechtsschutz ist daher das Mittel der Wahl, um bis zum Erlass eines Urteils die Umsetzung angefochtener Gesellschafterbeschlüsse oder Maßnahmen der Geschäftsführung zu unterbinden. Erforderlich dazu ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 935 ZPO zum Gericht der Hauptsache. Antragsgegner ist die Gesellschaft selbst.
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Gesellschafterliste zu. Gemäß § 16 GmbHG gilt im Verhältnis zur Gesellschaft derjenige als Gesellschafter, der in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste aufgenommen ist. Wer in der Liste eingetragen ist, darf mit abstimmen, mitentscheiden, Auskunft verlangen und die sonstigen Rechte als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen. Aus Sicht der Gesellschaft müssen diejenigen zur Gesellschafterversammlung geladen werden, die in der Liste aufgenommen sind. Die Einreichung geänderter Gesellschafterlisten beispielsweise nach einer vermeintlichen Einziehung eines Geschäftsanteiles oder eines vermeintlichen Ausschlusses eines Gesellschafters muss daher in der Regel im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verhindert werden. In diesem Punkt ist auch vorbereitend an die Einreichung einer Schutzschrift zum Handelsregister zu denken.
In diesem Punkt ist tatkräftig schnelles und erfahrenes Handeln spezialisierter Rechtsanwälte notwendig.
8. Gesellschafterstreit und Steuerrecht
Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten lassen sich nicht von den betrieblichen sonstigen inhaltlichen Angelegenheiten der Gesellschaft trennen. Sie wirken sich aufgrund der divergierenden Interessenlagen und der nicht selten sehr emotionalen, streitbehafteten Auseinandersetzungen störend und gegebenenfalls auch existenziell gefährdend auf den Geschäftsbetrieb aus.
Scheidet ein Gesellschafter infolge einer einseitigen Kündigung, eine Einziehung seines Geschäftsanteils oder eines Ausschlusses aus der Gesellschaft aus, erhält der weichende Gesellschafter hierfür eine Abfindung.
Auf Ebene des Gesellschafters wird dieser Vorgang steuerrechtlich so behandelt, als hätte er seine Geschäftsanteile veräußert. Steuerrechtlich handelt es sich daher um ein Anwendungsfall des § 17 EStG (Veräußerung von Geschäftsanteilen). Gemäß den Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 lit. c EStG) bleiben im Ergebnis 40 % des Veräußerungsgewinnes (Abfindungsentgelt abzgl. Anschaffungskosten der Anteile) steuerfrei. Der Restgewinn wird mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. Ausnahmsweise kommt der Abgeltungssteuertarif zur Anwendung, wenn die Beteiligung des weichenden Gesellschafters nicht die Wesentlichkeitsschwelle von 1%-Beteiligung am Stammkapital erreicht.
Scheidet ein Gesellschafter-Geschäftsführer aus, müssen die gesellschaftsrechtliche und die dienstrechtliche Ebene voneinander getrennt werden. Erhält er als Geschäftsführer eine Abfindung für die Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrages, ist diese Abfindung steuerrechtlich nach den Regelungen der Arbeitnehmereinkünfte (§ 19 EStG) zu bewerten. Diese Einkünfte können dann als sogenannte außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 EStG qualifiziert besteuert wird.
Auf Ebene der Gesellschaft müssen verschiedene Themen auseinandergehalten werden.
a) Die Gesellschaft leistet die Abfindung nach Einziehung (Anteilsvernichtung)
Die Einziehung ist eine Anteilsvernichtung und stellt damit keine Anschaffung von Geschäftsanteilen dar. Sie ist auf Ebene der Gesellschaft erfolgsneutral zu buchen.
Die Abfindungszahlung darf nicht zu einem Eingriff in das Stammkapital der GmbH führen (vgl. § 34 GmbHG), denn das Stammkapital darf nicht an Gesellschafter zurückgezahlt werden (§ 30 Abs. 1 GmbHG). Die Abfindung muss daher aus den Kapitalrücklagen (§ 272 Abs. 2 und 3 HGB), etwa aus den in der Vergangenheit gebildeten Gewinnrücklagen, geleistet werden.
Soweit anteilige Stammkapital untergeht, handelt es sich um eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr. Darüber hinaus wird die Abfindung gegen die Rücklagen gebucht. Hierbei kann es zu einer Minderung des steuerlichen Einlagenkontos kommen. Werden Abfindungen geleistet, deren Höhe über den die anteiligen Verkehrswert hinausgehen, dann kann dieser Mehrbetrag steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung bewertet werden. Gemäß § 8c KStG kann dieser Vorgang zu einem Verlust von steuerlichen Verlustvorträgen führen. Im konkreten Fall findig, dass sich die beteiligte Gesellschaft fachkundig beraten lässt, dass viele inhaltliche Fragen zu diesen Vorschriften diskussionsfähig sind.
b) Die Gesellschaft leistet die Abfindung aufgrund Anteilserwerbs
Unter bestimmten Bedingungen kann die Gesellschaft auch selbst die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters im Rahmen eines Vergleiches oder aufgrund Satzungsrechtes übernehmen (vgl. § 33 GmbHG), ohne diese einziehen zu müssen. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss ich Einzelfall geprüft werden. In diesem Fall hat die Gesellschaft den Vorgang als Anschaffungsvorgang zu erfassen.
c) Verdeckte Gewinnausschüttungen
Nicht selten werden gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten von Vorwürfen über eine Fehlverwendung der Ressourcen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer und/oder zugunsten von einzelnen Gesellschaftern begleitet. Dabei kann es sich im Einzelfall um strafrechtlich relevante Untreue oder Unterschlagung des Geschäftsführers oder ebenfalls strafrechtlich relevante verdeckte Gewinnausschüttungen der Gesellschaft an einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen handeln. Dabei kann es vorkommen, dass einzelne Parteien Strafanzeige stellen, und der Gesellschafterstreit zusätzlich durch strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen erschwert wird. Aber auch ohne derartige Ermittlungsmaßnahmen kann allein die offene Diskussion unter den Gesellschaftern und Geschäftsführern die Verantwortlichen in Handlungsnöte bringen, die jedenfalls die Geschäftsführer dazu bringen können, selbst ihr Amt niederzulegen oder gegebenenfalls eine strafrechtlich taugliche Selbstanzeige zu stellen. Die Überlagerung der Konflikte durch derartige Themen erfordert frühzeitig die Einbindung fachlich spezialisierter Rechtsanwälte, um geeignete Verteidigungs- und Abwehrstrategie aufzubauen.
Sonstige steuerrechtliche Themen (Grunderwerbsteuer; Schenkungssteuer)
Hält die Gesellschaft Immobilieneigentum, kann auch die Einziehung von Geschäftsanteilen ein Anwendungsfall der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs.1. 3 Nr. GrEStG) darstellen, wenn mindestens 90 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder in einer Konzernstruktur vereinigt werden.
Werden Abfindungen aufgrund einer Einziehung geschuldet und geleistet, die aufgrund Satzungsrechts erheblich vom Verkehrswert der Anteile nach unten abweichen, kann der Tatbestand einer Schenkungsfiktion gem. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG des ausscheidenden Gesellschafters an den oder die verbleibenden Gesellschafter zur Anwendung kommen. Ungeklärt ist dann, ob die Privilegierungen der §§ 13a, 13b ErbStG in diesem Fall greifen.
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Fall die fachkundige Bewertung der Geschäftsanteile.