Nicht nur zur Sanierung: Debt to Equity Swap
Gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten und steuerrechtliche Anforderungen
Eine Gesellschaft ist in einer Krise. Die Bedienung von Finanzierungen scheint in Gefahr und eine Refinanzierung durch Banken ist aufgrund bestehender Finanzierungsstruktur schwierig. Die Idee der Swaps ist, vereinfacht dargestellt, der Tausch des Fremdkapitals gegen Eigenkapital ohne Aufbringung zusätzlicher Mittel: der Gläubiger legt seine Forderung gegen die Gesellschaft in diese ein und erhält im Gegenzug Anteile an dieser Gesellschaft.
Der Debt to Equity Swap ist eine in den USA oder England schon seit langem bekannte und bewährte Möglichkeit der Unternehmenssanierung, die nun seit mittlerweile 15 Jahren auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen hat.
Welches sind die Anwendungsfälle?
- Unternehmenssanierung
Unternehmen, die trotz guter Geschäftsmodelle in unsicheren Zeiten Verschuldungen zu Lasten des Eigenkapitals aufgebaut haben, können durch den Wandel von Fremd- in Eigenkapital ihre Verschuldungsquote senken und ihr Eigenkapital erhöhen. Diese Maßnahme senkt die Finanzierungskosten und erhöht in Zeiten strenger werdender Risikokriterien der Banken zur Kreditvergabe die allgemeine Kreditfähigkeit des Unternehmens.
Diese Maßnahme kann dabei sowohl außerhalb als auch innerhalb der insolvenzrechtlichen Sanierung Anwendung finden. Außerhalb der insolvenzrechtlichen Sanierung gehört es zu den Pflichten des Managements (§ 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs.1 AktG), diese Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ohne die Zustimmung der Altgesellschafter / Aktionäre ist ihre Durchführung aber ausgeschlossen. Dies ändert sich im Insolvenzverfahren. Hier kann diese Maßnahme sogar gegen den Willen der Altgesellschafter durchgeführt werden (§ 225a InsO). Dies gilt sogar für das dem Insolvenzverfahren als freiwillige Möglichkeit vorgelagerte Schutzschirmverfahren (§ 270d InsO). Es bietet also Sanierungsperspektiven, die über den Einzelfall hinausgehen und in Zusammenarbeit mit den institutionalisierten Kreditgebern neue Finanzierungsperspektiven eröffnen.
Besondere Bedeutung hat dieses Mittel auch für Unternehmensanleihen. Nach dem Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) können Anleihegläubiger gem. § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG die Umwandlung von Unternehmensanleihen in Gesellschaftsanteile durch Mehrheitsbeschluss erreichen, wenn die Anleihebedingungen diese Möglichkeit vorsehen und im Übrigen die Bedingungen des SchVG eingehalten werden. Sobald die Anleiherenditeerwartung hinter die Erwartung an die Eigenkapitalrendite sinkt und eine berechtigte Chance auf Unternehmensteilhabe besteht, werden insbesondere spezialisierte Anleiheinvestoren auf diese Mittel zurückgreifen, sofern ein sanierungsfähiges operatives Geschäft besteht. Im geregelten Markt ist für die Ausgabe der neuen Gesellschaftsanteile die Prospektpflicht (§ 3 Abs. 1 WpPG) zu beachten.
- Stärkung der Eigenkapitalbasis
Die einfache Umwandlung der Schuldpositionen in Eigenkapitalgrößen ist eine beliebte Methode der Bilanz- und Bankenpolitik. Ohne Zuführung von Liquidität stärkt sie die Eigenkapitalbasis einer Gesellschaft und damit das Rating bei den jeweiligen Banken. Die Eigenkapitalquote ist eine der wichtigsten Ratingparameter von Kreditinstituten und damit Grundvoraussetzung einer Fremdkapitalaufnahme.
Neben der Aufnahme von Bankenmittel lassen sich auf diese Art auch die Voraussetzungen verbessern, Wagniskapital (Venture Capital) oder Private Equity aufzunehmen, um derart strategische Partner an Bord nehmen zu können. Vielfach fordern derartige Investoren einen Swap, es sei denn, sie halten sich an Liquidationspräferenzen schadlos.
- Bereinigung der Shareholderstruktur
Strategische Eigenkapitalmaßnahmen können auch dann angezeigt sein, wenn es erforderlich ist, die wirtschaftlichen Einflussnahmemöglichkeiten von Kreditgebern in gesellschaftsrechtliche Teilhabereche zu transformieren. Die Motive hierfür sind vielfältiger Natur. Mindestens wird hierdurch erreicht, dass sich Kreditgeber enger mit den Chancen und Risiken der Gesellschaft verbinden und in Krisenzeiten das Kapital nicht einseitig abziehen können. Dies ließe sich zwar sicherlich auch über schuldrechtliche Regelungen im Darlehensvertrag näherungsweise sichern, doch fehlen in diesem Fall dem Darlehensgeber die Teilhaberechte des Gesellschafters (Entscheidungsgewalt, Berechtigung an Gewinn und Unternehmenswert).
- Steuerliche Optimierung / Verlustzuweisungen
Durch die Umwandlung von Darlehen in Mezzanine Kapital (Debt to Mezzanine), bspw. Genussrechte, stille Gesellschaften oder partiarische Darlehen, lassen sich interessante handelsbilanzielle Effekte mit besonderen steuerlichen Wirkungen kombinieren. Je nach Ausgestaltung der Bedingungen des Mezzanine Kapitals ließe sich dieses in der Bilanz unter dem Eigenkapital ausweisen, um so eine Überschuldung abzuwenden. Daneben könnten je nach Ausgestaltung Verluste der Unternehmung auf die Kapitalgeber übertragen werden. Dazu müsste aber ausdrücklich eine Verlustteilhabe vereinbart werden. Je nach Ausgestaltung des Programms ist dies auch mit steuerrechtlicher Wirkung möglich.
Welche gesellschaftsrechtlichen Herausforderungen bestehen?
Ein Debt to Equity Swap wird regelmäßig in Form einer kombinierten Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung umgesetzt. Mit der vereinfachten Kapitalherabsetzung (§58a GmbHG; §§ 229ff AktG) werden zunächst, soweit als möglich, vorhandene Wertminderungen in den bestehenden Anteilen sowie sonstige Verluste gedeckt. In der nachfolgenden Kapitalerhöhung werden sodann die neuen Gesellschaftsanteile gebildet, auf die dann die Kapitalforderung eingebracht wird. Die Altgesellschafter sind in diesem Fall von ihren Bezugsrechten auf die neu gebildeten Anteile auszuschließen.
Besondere Bedeutung kommt der Bewertung des Unternehmens zu. Gläubiger und Altgesellschafter werden in der Regel nur zustimmen, wenn sie die Frage beantwortet haben, zu welcher Wertrelation die Einlage erfolgt. Dieser Komplex ist mitnichten trivial und erfordert im Zweifel die Einbindung von Bewertungsexperten, da die Bewertungsszenarien zwischen Insolvenz/Liquidation und erfolgreicher Neuausrichtung des Businessplans einschließlich Finanzierungserfolg eine erhebliche Bewertungsbandbreite eröffnen.
Aber auch die Bewertungsabschläge der Forderung aufgrund etwaiger Krisenszenarien des Unternehmens sind bestenfalls plausibel abgeleitet und dokumentiert, um eine spätere Nachforderung des Bewertungsüberhangs durch einen Insolvenzverwalter zu vermeiden. Dieser könnte im Insolvenzfall versucht sein, den Differenzbetrag von dem ursprünglichen Gläubiger zusätzlich einzufordern, wenn er der Meinung ist, dass die Forderungen zum Anteilstausch überbewertet gewesen ist (Differenzhaftungsrisiko).
Bei einem Debt to Mezzanine Swap sind die Wechselbedingungen unter Beachtung ähnlicher Bewertungsherausforderungen sehr detailverliebt in den Bedingungenwerken des Mezzanine herauszuarbeiten.
Welche steuerrechtlichen Besonderheiten sind zu beachten?
Der Debt to Equity Swap erfolgt durch Einlage einer Kapitalforderung in das Gesellschaftsvermögen gegen Erhalt einer Eigenkapitalposition (Gesellschaftsanteile). In Sanierungsfällen entsteht in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung bei der Gesellschaft ein grundsätzlich steuerpflichtiger Sanierungsgewinn. Die Steuerpflicht besteht dabei sowohl für die Körperschaft- als auch für die Gewerbsteuer. Die nachvollziehbare, plausible Ableitung von Forderungs- und Unternehmenswert sind deshalb notwendige Voraussetzungen, um diesen ungeliebten Sanierungsgewinn so weit als möglich klein zu rechnen.
Der Sanierungsgewinn ist dann unter den sonstigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 KStG iVm § 3a EStG steuerfrei. Die Tücken dieser Voraussetzungen liegen jedoch im Detail. Insbesondere bedürfen die Darlegungen der Sanierungsbedürftigkeit und der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens besonderer Sorgfalt. Der Sanierungserlass (BMF vom 27.03.2003 IV A 6-S 2140-8/03) ist mit der Entscheidung des BFH vom 23.08.2017 I R 52/14) bedeutungslos geworden.
Außerhalb von Sanierungsfällen bzw. in allen Fällen, in denen die ungetrübte Werthaltigkeit der Forderung dargestellt werden kann, spielt das Thema Sanierungsgewinn keine Rolle. Gleichwohl kann es unter Beachtung der §§ 8c, 8d KStG zum Untergang von bestehenden ertragsteuerlichen Verlustvorträgen kommen, da mit der Ausgabe neuer Geschäftsanteile auch eine geänderte Gesellschafterstruktur herbeigeführt wird.
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